Dieses Filmchen  https://youtu.be/YALNtj2AvBs  reflektiert die Geschehnisse auf der Künstlerfinca CAN BRUT.

    Bericht von Brigitte Rohm / Mallorca-Zeitung

    Wäre die Künstlerfinca Can Brut eine Partitur, man müsste sie immer wieder spielen, um diese einmalige Komposition ganz zu erfassen. Das bei Cas Concos gelegene Kleinod gehört seit rund 30 Jahren dem Bildhauer Rudi Neuland und seiner Frau, der Galeristin Anna Will, die lange Zeit abwechselnd in Deutschland, Südafrika und auf Mallorca lebten. Heute konzentriert sich das sympathische Paar voll und ganz auf sein Anwesen auf der Insel, das es in mühsamer Arbeit zu dem machte, was es heute ist: eine Kultur-Oase im Südosten. Wer das Haus betritt, fühlt sich wie in einem bewohnten Museum: Man ist permanent in Kontakt mit der überall präsenten Kunst. „Wir können uns gar nicht vorstellen, ohne das zu leben“, sagt Neuland beim MZ-Besuch. Nicht minder groß ist die Liebe des Paars zur Klaviermusik: „Für mich ist das Klavier die Königin aller Instrumente, es kann ein ganzes Orchester spielen“, so der Bildhauer. Im Jahr 2019 starteten Will und Neuland auf Can Brut gemeinsam mit der Kulturmanagerin Ingrid Flohr die Reihe „Piano & Art“. Die bis zu 50 – in Corona-Zeiten nur 30 – Besucher genießen dabei den Klang des hauseigenen Flügels in heimeliger Salon-Atmosphäre, dabei sitzen die Gäste in der bestuhlten Galerie des Künstlers. „Und die Pausen können gar nicht lang genug sein“, sagt Neuland. Denn dann locke je nach Jahreszeit Sommerküche oder Punsch und Gebäck nach draußen, wo die Besucher im ausgedehnten Skulpturengarten lustwandeln können, der allein schon den Besuch lohnt. Der Bildhauer, der erst vor 30 Jahren seine Berufung entdeckte, hat im Garten und im Haus einen Parcours erschaffen, der das ganze Spektrum seiner Arbeit zeigt: Friedliche Wächter der Finca, getürmt aus mallorquinischen Steinen, teilen sich den Raum mit älteren Arbeiten aus Südafrika oder einer Holocaust-Arbeit gegen das Vergessen. „Ich bin ein sehr politischer Mensch. Die Aufgabe eines Künstlers ist, Aussagen zu treffen“, sagt Neuland. Manchmal packe ihn aber auch die Lust auf ästhetisch Schönes wie farbenfrohe, heitere Mobiles gegen den winterlichen Corona-Blues. Sein großes Thema sind Köpfe, anfangs stärker ausgearbeitet, dann reduzierter. „In jedem Gesicht ist eine Seele. Wenn das rauskommt, ist das Werk fertig“, sagt der Künstler. Dieses Grundmenschliche ist auch der Schlüssel zur Konzertreihe auf Can Brut. „Wir haben hier junge Leute, die so passioniert sind, dass sie besser spielen als jeder Lang Lang“, behauptet Neuland. „Vor allen Dingen mit so viel Seele ...!“, ergänzt Will. Ihr Konzept lautet, junge, hochbegabte und preisgekrönte Pianistinnen und Pianisten aus aller Welt zu fördern. Sie sollen ein Forum für ihre Karriereentwicklung bekommen, in dem sie sich frei vom üblichen Wettbewerbsdruck entfalten können. Dem Paar geht es auch um die Wertschätzung für Kultur: Das Gros der Eintrittsgelder nehmen die Künstler mit nach Hause – 35 Euro inklusive Speis und Trank, die gut investiert sind: „Hier gehen einige mit Tränen in den Augen nach Hause“, sagt Neuland. „Wenn Musik so berühren kann, haben wir unser Ziel erreicht.“

    Ursprünglich wollten die beiden immer neue Talente auf die Insel holen, inzwischen konzentrieren sie sich auf einen festen Kern, den sie über längere Zeit begleiten und unterstützen. Das Publikum sehe dann die musikalische und persönliche Entwicklung, erklärt Will. Gerade in so jungen Jahren sei diese mitunter enorm, wie etwa bei Milda Daunoraite aus Litauen, die auf der Finca ihren 18. Geburtstag feierte. Zwei Jahre später war sie erneut zu Gast, und wenn Neuland von diesem Auftritt berichtet, hält es ihn vor Begeisterung kaum auf seinem Stuhl: „Sie hat hier gespielt wie ein Gott. Sie hat mit dem Flügel getanzt und ihn geritten wie ein Vamp!“ Neben den musikalischen Freuden genießt das Paar es auch, mit den jungen Leuten einige Tage zusammen zu sein – das sei ein bisschen, wie Enkelkinder im Haus zu haben. Besonders herzlich sprechen sie über Vladimir Skomorokhov, den sie über die Feiertage ein weiteres Mal eingeladen haben. „Er ist nicht nur ein guter Pianist, sondern auch begnadeter Organist. Und wenn er Bach spielt, dann hört man die Orgel“, sagt Will. Das Ausnahmetalent gehe niemals ohne Noten aus dem Haus – und das, obwohl er problemlos drei Konzerte aus dem Kopf spielt. Sein Markenzeichen, die coole Sonnenbrille, hat der 1999 geborene Russe Anna Wills modischem Rat zu verdanken. In Moskau werde der hochbegabte Pianist in ein Korsett gepresst, auf Mallorca hingegen könne er in der entspannten Atmosphäre so richtig aufblühen, sagt das Paar. Das Neujahrskonzert ist bereits ausgebucht, aber für Silvester gibt es noch einige Plätze.  Mehr dazu unter www.piano-and-art.de 

    Kunst und ihre Wirkung

    Ein renommierter Kunstkenner und Sammler, der Schweizer Kinderarzt Gabor Schimert behauptet: „Ohne Kunst kann der Mensch nicht leben“, nur existieren. Um zu leben braucht man den Austausch mit anderen, wobei nichts hilfreicher ist als das Medium KUNST. Durch die Zwiesprache mit den Kunstwerken und Künstlern entsteht eine Brücke, die für alle soziale Interaktion tragfähig ist. 

    Kann es tatsächlich sein, dass das Leben mit der Kunst – und sei es nur das Betrachten der Kunstwerke – unseren Alltag lebenswerter macht? Kann es sein, dass die Auseinandersetzung mit Kunst unser Wohlbefinden steigert? Die Antworten darauf sind wissenschaftlich nicht belegbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Thesen zutreffen, sind mehr als nachvollziehbar. Jeder Museumsbesucher, der vor einem bedeutenden Kunstwerk gestanden hat, kennt die Glücksgefühle, oft die Gänsehaut, das innige Berührtsein, das von solchen Werken ausgeht. Jeder, der zuhause ein lieb gewonnenes Kunstwerk sein Eigen nennt, wird dieses nur ungern missen wollen. 

    Es sind viele Faktoren, die uns als Betrachter von Kunstwerken berühren. Dies sind die Farben, die angesprochenen Themen, die Interpretationsmöglichkeiten, die Ausstrahlung des Werkes, der ästhetische Gesamtausdruck, Sehsüchte, Erinnerungen, ausgehende Kraft, Faszination usw.

    Die Kunsthistorikerin Dr. Christine Jung sagt: „Kunst setzt Zeichen, ist Ästhetik und Ausdruck, Aussage und Anregung zugleich“.

    Und dennoch scheint es so zu sein, dass die Wahrnehmung oft unbewusst, also im Unterbewusstsein abgespeichert wird, die positiven Auswirkungen allerdings nachhaltig wirken. Dementsprechend ist die Resonanz und die hat natürlich auch etwas mit Bildung und Auseinandersetzung mit „den schönen Künsten“ zu tun. 

    In dem Magazin KUNSTFORUM stand zu lesen: „Fest steht, dass Schönheit allgegenwärtig und dem Bedürfnis nach Schönheit in vielen Bereichen des Alltags und der Kunst größer ist denn je.“

    Autor: Rudi Neuland